Franz Josef Binder Ritter von Degenschild

Mein Vater lag 1946 in einem Lazarett in Salzburg, in dem der Verbindungsoffizier Binder zwischen den Salzburger und den amerikanischen Besatzer, einen Besuch der Amerikaner begleitete. Er traf Helmut Krackowizer und beide vom Bazillus "Rennfahren" infiziert, kamen ins Gespräch. Ja wenn er, Binder, doch seine Velocette KTT MK8 aus der russischen Zone von Berlin bekäme, dann würde er schon wieder Rennen fahren.

Einige Monate und etliche Abenteuer später hatte es Helmut Krackowizer geschafft, dass die Velo von Binder beim ersten Nachkriegsrennen in Salzburg knatterte. Aber dies ist eine eigene Geschichte, die in meinem Buch der Erinnerungen an meinen Vater nachzulesen ist.

Sein Leben

F. J. Binder bei der englischen TT 1937 auf Velocette

* 8. Juli 1908 in Marburg, damals Steiermark, heute Slowenien (Maribor), † 31. März 1960 in Salzburg) war Versuchsingenieur und ein international bekannter Motorradrennfahrer vor und nach dem Zweiten Weltkrieg.

Nach der Ausbildung zum Zahntechniker wanderte Binder in die Niederlande aus, wo er von 1928 bis 1931 blieb. 1929 begann er als Amateur-Motorradrennfahrer, wurde einmal holländischer Meister und errang vier Einzelsiege. Dann bekam er von der englischen Motorradmarke Rudge Whitworth das Angebot, Werksrennfahrer zu werden. Zunächst fuhr er zwei Mal wöchentlich Bahnrennen, so genannte "Dirt Track" Rennen, Vorläufer der heutigen Sandbahnrennen. Daneben nahm er sein 1924 unterbrochenes Studium an der Universität von Birmingham, England, wieder auf, Fachrichtung: Höchstleistungsmotoren.

Nach erfolgreich abgeschlossenem Studium war er vom 1. Dezember 1934 bis 31. Dezember 1935 Versuchsingenieur bei der englischen Motorradmarke A.J.S. Motors Ltd. in Wolverhampton. Er entwickelte Renn- und Serienmotoren. Ab 1. Jänner 1936 bis 31. Dezember des selben Jahres arbeitete er dann für eine private Forschungsstelle für Motoren am Rolls Royce Flugmotoren Merlin I. und Merlin II. Auch ein Automobilmotor wurde von dieser Firma entwickelt. Es war ein 1.500 cm³ Motor für den späteren E.R.A.

Nach neuerlichem Arbeitsplatzwechsel kam Binder dann am 1. Jänner 1939 als Versuchsingenieur und Rennfahrer zur englischen Motorradmarke Velocette in Birmingham. Hier entwickelte er den 350 cm³ Rennmotor weiter und war mit der Neukonstruktion der zwei-Zylinder-500-cm³-Rennmaschine befasst. Der Erfolg zeigte sich auch durch Sieg von Binder beim "Großen Preis von Finnland", Silber in der englischen Tourist Trophy und Dritte beim "Großen Preis von Großdeutschland".

Mit Kriegsbeginn meldete sich F.J.Binder freiwillig zum Dienst bei der Deutschen Luftwaffe, wo er zunächst als Maschinbauingenieur an der Fliegerschule unterrichtete um kurz darauf als Pilot (Aufklärer, Jagdflieger) eingesetzt wurde. Er beendete den Krieg im Range Luftwaffen-Majors, holte seine 1941 geehlichte Frau aus der russischen Besatzungszone um nach abenteuerlicher Flucht letztlich in Salzburg bei seiner Schwester (Burgschauspielerin Beatrix von Degenschild)und Mutter seine neue Heimat zu finden.

Nach Kriegsende war Binder in Salzburg aufgrund seiner Englischkenntnisse als Verbindungsoffizier zwischen den amerikanischen Besatzungstruppen und der Salzburger Regierung tätig. Dabei traf er auch den jungen Helmut Krackowizer, der für Binder auf abenteuerlichen Wegen seine Renn-Velocette aus dem sowjetisch besetzten Berlin, Deutschland, nach Salzburg brachte. Binder konnte dann am 6. Oktober 1946 mit dieser Maschine beim 1. Motorrad-Nachkriegsrennen Salzburg Nonntal antreten. 1947, am 6. Juli, gewann Binder dann beim (später so genannten) 1. Mai Rennen bei Salzburg-Liefering das Rennen seiner Klasse.

1948 zog sich Binder aus dem aktiven Motorradrennsport zurück, trat in die Dienste einer Ölgesellschaft und ging nach Persien (heute Iran). Seine Velocette-Rennmaschine verkaufte er an Toni Magnus, bei dem er Schulden hatte und diese damit tilgte. Eigentlich hatte er Helmut Krackowizer die Maschine als Dank für die Rückholung aus der russischen Besatzungszone versprochen gehabt. Toni Magnus war aber ein echter Sportkamerad und verkaufte die Velocette an Helmut weiter, ohne daran etwas zu verdienen. Mit Frühjahr 1949 fuhr dann Helmut Krackowizer mit dieser Maschine. Ende 1959 kehrte Binder bereits todkrank, wieder nach Salzburg zurück, wo er Ende März 1960 an seinem Leiden verstarb.

Sein Begräbnis fand am 4. April um 11 Uhr auf dem Salzburger Kommunalfriedhof statt.

Rennergebnisse (Auswahl)

1936: Motorrad-Straßenrennen in Lustenau, Vorarlberg
Sieger der Klasse bis 350 cm³ auf Velocette, 34:10 min = 85,87 km/h sowie schnellste Runde im Rennen mit 1:36,5 min = 91,21 km/h
1946, 6. Oktober, 1. Motorrad-Nachkriegsrennen Salzburg Nonntal
Zweiter der Klasse bis 350 cm³ auf Velocette
1947: 31. August: Straßenrennen Rankweil, Vorarlberg
2. in der Klasse bis 350 cm³ auf Velocette in 21:55 min.
6. Juli: 1. Autobahnrennen Salzburg-Liefering:
Sieger in der Klasse bis 350 cm³ auf Velocette in auf Velocette in 21:55 min.
28. September: 13. Ries-Rennen bei Graz
7. in der Klasse bis 350 cm³ auf Velocette in 3:08,6 min.
5. Oktober: 1. Nationales Bergrennen Vaduz-Triesenberg, Liechtenstein
Gästeklasse bis 350 cm³: 6. Platz mit einer Zeit von 7:37,4 min.
1948: 15. August: 4. Motorrad-Straßenrennen in Lustenau, Vorarlberg
2. im 3. Rennen Klasse B bis 350 cm³, 34:57 min.
1948: 25. Juli: Straßenrennen "Rund um das Heustadlwasser" in Wien
5. in der Klasse bis 350 cm³
August: 5. Motorrad-Straßenrennen in Lustenau, Vorarlberg
Zweite in der Klasse bis 350 cm³ (20 Runden), 34:57,4 min. hinter Leo Fassl (Wien, NSU, 32:21,2 min. = 88,36 km/h) und vor