Über Adventbräuche und die Weihnachtszeit

In Italien wird zur Weihnachtszeit gleich viermal gefeiert: Die Festtage beginnen mit dem 6. Dezember, dem Tag des heiligen Nikolaus (San Nicola), der den Kindern kleine Geschenke vor die Tür des Schlafzimmers stellt. Eine Woche später, am 13. Dezember feiern die Italiener das Fest der Santa Lucia, der „Botin des Lichts“, die im Jahre 281 in Sizilien geboren wurde und ihr ganzes Vermögen den Armen vermachte. Dort erinnert heute noch der "Torrone dei poveri", eine Süßspeise aus Kichererbsen und Zucker, an die Heilige.

Auf den Plätzen und in den Kirchen des Landes finden sich in der Adventszeit festlich geschmückte Krippen und Tannenbäume. Während Krippen in Italien eine lange Tradition haben, ist der Weihnachtsbaum erst in den letzten Jahrzehnten Bestandteil der Weihnachtsfestlichkeiten geworden. Ein besonders schönes Exemplar wird seit 1982 jedes Jahr auf dem Petersplatz in Rom neben der großen Krippe aufgestellt. Während der Baum schon etwa zehn Tage vor Weihnachten in feierlichem Glanz erstrahlt, wird die Krippe erst an Heiligabend eröffnet. Auch in den Familien ist die Krippe der Mittelpunkt der Weihnachtszeit. Sie wird etwa zwei Wochen vor Weihnachten aufgestellt und über die Jahre immer wieder mit neuen Figuren ergänzt. Die Figur des Christkinds wird jedoch erst in der Nacht vom 24. zum 25. Dezember um Mitternacht in die Krippe gelegt.

Die Weihnachtkrippe hat ihre Wurzeln in Italien

Von Italien begann dann die Verbreitung der Weihnachtskrippe nach Norden in den alpenländischen Raum. Zwar hat im Norden Italiens auch der Christbaum Einzug gehalten. Doch im Süden des Landes ist die Weihnachtskrippe DER Mittelpunkt im Weihnachtsgeschehen.

Besonders stolz sind die Neapolitaner auf ihre Weihnachtskrippen. In Neapel gibt es eine Straße, in der Krippenbauer ihre Werkstätten haben. Und ein Krippenmuseum befindet sich in Neapel. Neapolitanische Krippenfiguren bestehen nicht aus Holz, sondern sind aus Ton gebrannt. Die Körper der Figuren sind aus Ton, Arme und Beine aus Holz, auf aufgezogen und mit Leinenstreifen umwickelt. Die Kleider, Einzelanfertigungen, wurden früher in eigenen Manufakturen gewebt. So ein Prunkstück von Neapolitanischer Krippe nennt sich "Pastorello". Sie zeigt einen weitläufigen Palast im Stil der Hochrenaissance und ist unter dem Einfluss Königshauses und des Adels entstanden. Die Figuren sind etwa 35 bis 40 cm hoch und kleinere Figuren werden in den Hintergrund gestellt. So entsteht optisch eine bessere Tiefenwirkung. Und natürlich gibt es zahllose Krippen, die das Leben und Treiben auf den Straßen von Neapel widerspiegeln.

Als Zeichen des Beginns der Weihnachtsfeierlichkeiten werden am 24. Dezember in Rom Kanonenschüsse vom Castel St. Angelo abgefeuert. In den Familien wird der Heilige Abend meist mit einem Festmahl eingeläutet. Traditionell gibt es Fisch, aber auch Gemüse und Geflügel sind beliebt. Als Nachtisch wird meist Panettone gereicht. Nach dem Essen wird Tombola gespielt, eine Art Bingo. Am späten Abend gehen die meisten Italiener zur Christmette oder verfolgen am Fernseher die Zelebration aus dem Petersdom. Die Kinder müssen mit der Bescherung bis zum Morgen des 25. Dezember warten. Dann kommt das Christuskind Bambinello Gesù und stellt den Kindern die Geschenke unter den Tannenbaum.

Einer der wichtigsten Termine am ersten Weihnachtsfeiertag ist der Gottesdienst auf dem Petersplatz, bei welchem der Papst den Gläubigen in verschiedenen Sprachen den Segen „Urbi et orbi“ erteilt.

Weihnachtsbräuche in Italien

Wie unterschiedlich die Bräuche in Italien sind, zeigt mein kleiner Ausflug durch die Regionen. Nehmen wir Cesenatico in der Emilia Romagna an der Adria heraus. Wenn es in der Weihnachtszeit zu dunkeln beginnt, strahlt Lichterschein von den alten Fischerbooten des schwimmenden Museums der Marine. Der Lichterschein strahlt die aus Holz geschnitzte Heilige Familie an Bord der Fischerboote an. Aber sie muss nicht einsam die Abende an Bord verbringen: ihr zur Seite werden Holzfiguren gestellt, die alle wichtigen (früheren) Berufe der Stadt repräsentieren: Fischer und Fischverkäuferin, Bäckerin, Tischler, Marionettenspieler und andere.

Die Römer, ich meine hier die Bewohner Roms, wiederum stellen mit Vorliebe Bauwerke oder Monumente in Miniaturform in die Krippe. Römische Aquädukte, Batterie betriebe Brunnen oder verfallene Stadtmauerteile - hier sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt.

Wie das Leben so sind auf Sizilien die Krippen: heiter, lebensnah und bunt. So werden rund um das Christuskind, dem Bambino Gesù allerlei Gestalten aufgestellt: ein Pizzaverkäufer, ein Wirt oder ein Pfarrer mit Weinglas (dem wohl der Malvasia sehr schmeckt). Natürlich dürfen Orangen- und Zitronenbäume nicht fehlen!

Dass der Süden tief katholisch sein soll, stimmt nur bedingt. Denn in der "Barockstadt" Lecce im Stiefel Italiens, in Apulien, schlafen die Bewohner in den Nächten um Weihnachten unruhig. Böse Zungen behauptet, sie schliefen gar nicht. Der Grund? Hier glaubt man daran, dass die Krippenfiguren in der Dunkelheit lebendig werden können und ihr Unwesen trieben. Also, nur wer aufpasst, dem passiert nix. Aberglaube?

Noch etwas Besonderes bietet Apulien. Lebende Krippen sind in ganz Italien sehr beliebt. Aber in Alberobello, dem Zentrum der Trulli, ist in den Weihnachtstagen die gesamte Bevölkerung auf den Beinen. In einer langen Prozession ziehen die drei Heiligen Könige samt Gruppen in Kostümen und Hirten, sowie die Musikkapellen auf den Kirchplatz der "Chiesa di Sant'Antonio" - wo, ja natürlich, die Heilige Familie als lebende Krippe auf die Prozession wartet.

Befana, die gute Hexe

Ja, und wann kommt das "Christkindl" zu den italienischen Kindern? Eigentlich gar nicht, denn erstens heißt das Christkind in Italien "Befana", zweitens ist es eine gute Hexe und drittes kommt sie erst am 6. Jänner, Epifania, dem Fest der Erscheinung des Herren. Sie reitet auf einem Besen über die Dächer: die braven Kinder erhalten kleine Geschenke, die weniger braven erhalten kleine Kohlenstücke ins Bett gelegt.

Dem Volksglauben nach soll sich die Befana nicht schnell genug auf den Weg zur Krippe gemacht und den Stern verpasst haben. Seitdem irrt sie auf der Suche nach dem Christkind durch die Welt und hinterlässt in jedem Haus für die artigen Kinder kleine Geschenke und Süßigkeiten, für die unartigen schwarze Kohlenstücke.
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