Ein Streifzug durch die Küche und Keller Oberitaliens
sowie ein Trüffelrezept
Giuseppe Cipriani arbeitete 1930 als Barkeeper im Nobelhotel Europa-Britannia in Venedig. Harry Pickering mit seiner Tante und deren Liebhaber zählten Monate lang zu seinen sehr spendablen Stammgästen. Bis Tante und Liebhaber verschwanden und Harry mit der Hotelrechnung zurück ließen. Cipriani war besorgt, nun einen seiner besten Kunden zu verlieren und lieh Harry sein sauer erspartes Geld - 100.000 Lire. Mister Pickering zahlte seine Rechnungen und verschwand über den Atlantik in seine Heimat.
Doch Monate später stand Harry wieder vor Cipriani, beglich seine Schulden und legte noch 30.000 Lire drauf. Kapital genug für Giuseppe Cipriani, um die weltberühmte „Harry’s Bar“ in Venedig zu eröffnen. Und sie wurde bald zu einem Riesenerfolg: Ernest Hemingway, die Rothschilds, Orson Welles, Charlie Chaplin, Onassis, König Paul von Griechenland bis hin zu Prinzessin Diana und Prinz Charles und viele andere Persönlichkeiten des Jet Sets zählt seither die Harry’s Bar zu ihren Kunden.
Amalia Nani Mocenigo, von venezianischem Adel, erhielt in den 1950er Jahren von ihrem Arzt eine Diät mit viel rohem Fleisch verordnet. Und für sie kreierte Giuseppe Cipriani eine noch heute bekannte venezianische Spezialität, das Carpaccio. Den Namen entlieh er sich vom venezianischen Maler Vittore Carpaccio, der besonders gerne leuchtende Rot-Töne verwendet und dem gerade zu jener Zeit eine Ausstellung in Venedig gewidmet war.
1980 starb Giuseppe Cipriani und sein Sohn Arrigo, studierter Jurist, übernahm den Betrieb. Und mit der Harry’s Bar auch die beiden Nobelhotels Cipriani auf der Insel Giudecca (www.hotelcipriani.com) und die Villa Cipriani in Asolo (www.villacipriani.hotelinvenice.com).
Nicht weit von Asolo entfernt befindet sich die Villa Maser, erbaut von Andrea Palladio, erbaut zwischen 1550 und 1560 für die Brüder Daniele (Patriarch von Aquileia) und Marcantonio Barbaro (Botschafter der Republik Venedig). Und fährt man noch weiter ostwärts, gelangt man in ein romantisches Gebiet, dem Prosecco-Weingebiet. Schon die Dogen von Venedig wussten um die Qualität dieses Weines, der von der Prosecco Traube gekeltert wird. Was wenige wissen: den Prosecco gibt es nicht nur perlend, sondern auch still. Der perlende Geschmack entsteht durch eine zweite Gärung in Drucktanks. Je nach Länge dieser Lagerung in Drucktanks wird er als „Frizzante“ (Wein) oder „Spumante“ (Sekt) bezeichnet. Prosecco ist mittlerweile zu einem Modegetränk geworden und wird natürlich fleißig von Weinbauern in ganz Veneto gefälscht: „indicazione geografico“, „tipo frizzante del Veneto“ nennen sich diese Fälschungen, die nie eine Prosecco-Traube sehen. Denn diese findet sich interessanter Weise nur im Gebiet zwischen Valdobbiadene - Conegliano.
Die höchste Qualität des Prosecco heißt „Cartizze“, wird nur
in sehr geringen Mengen produziert und ist daher im Ausland so gut wie nicht
erhältlich. Stellvertretend für die vielen Winzer der Region möchte ich hier
Gregorio Bortolin mit seinem Weingut Ca’ Salina
(www.casalinaprosecco.it)
und Adamo Canel (
www.canel.it) mit seinem Weinschlösschen erwähnen . Wer ein
geschmackvolles Quartier im Prosecco Gebiet zum Verweilen sucht, ist mit dem
Hotel Contá in Pieve di Soligo (www.hotelconta.it ) oder der
Villa Abbazia in Follina (www.hotelabbazia.com) sicherlich
gut beraten. Übrigens gibt es im Gebäudekomplex des Hotels Contá, das in
einem ehemaligen Palazzo als 4-Sterne-Hotel entstand, ein hervorragendes Restaurant und eine Enoteca.
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Apropos Essen im Veneto: typische Gerichte sind „Fegato di
Vitello alla Veneziana“ - Kalbsleber nach venezianischer Art, „Baccalà
alla Vicentina“ - Stockfisch nach Vicentiner Art, oft mit Polenta
serviert und unbedingt probieren sollten Sie, auch wenn es eine „optische“
Überwindung für den Gaumen darstellt: Risotto Nero - Risotto mit
Tintenfischtinte! Manche behaupten, erst wer dieses Gericht einmal gegessen
hat, darf sich ein echter Liebhaber venezianischer Küche nennen. Aber ich
verspreche Ihnen, es ist wahrlich ein kulinarischer Genuss!
Südwestlich an das Veneto grenzt die Region Emilia Romagna, im Osten das Friaul. Regionen, die natürlich auch über zahlreiche kulinarische Genüsse verfügen und die ich Ihnen hier kurz schmackhaft machen möchte. Beginnen wir im Friaul, in dessen Küche Alpenländisches ebenso zu finden ist wie Mediterranes.
Wohlbekannt der Schinken von San Daniele in Friuli, der aus Keulen vom Schwein, die mindestens 11 kg Gewicht haben müssen, in luftdurchlässigen Räumen reift; aus Schweinen italienischer Herkunft! Zum Unterschied zum Parma-Schinken, dem nachgesagt wird, überwiegend aus Schweinen niederländischer Herkunft erzeugt zu werden. Schon 1961 wurde in San Daniel das „ Consorzio del Prosciutto di San Daniele“ gegründet, das sorgfältig über die Qualität der Schinkenproduktion wacht.
Für Hungrige, die nicht mehr weiter fahren möchten, werden bei Dario in seiner „Osteria da Afro“ in Spilimbergo oder in Valvasone im Restaurant „Alla Scala“ den passenden kulinarischen Rahmen finden. Wer noch Kraft hat, fährt ans Meer und zwar nach Marano Lagunare, das zwischen Grado und Lignano liegt und als der Fischereihafen Oberitaliens gilt. Hier sollten Sie unbedingt in die „Taverna al Pescadore“ ( www.tavernaalpescatore.com) einkehren - sie mag ja vielleicht etwas nüchtern (und sauber!) aussehen, aber die Küche ist das wahre Geheimnis dieses Hauses! Wer Fisch und Meeresfrüchte aller Arten liebt, ist in dieser Tavernen bestens aufgehoben. Vielleicht stehen gerade „Coda di Rospo al Vino Bianco“ (Seeteufel in Weißwein), „Anguilla ai Ferri“ (Gegrillter Aal) oder „Scampi Fritti“ (frittierte Garnelen) auf der Speisenkarte.
zum SeitenanfangMachen wir nun einen Sprung und beschäftigen wir uns ein wenig mit der kulinarischen Seite der Region Emilia Romagna. Entstanden ist diese Region nach dem Zweiten Weltkrieg aus den Regionen Emilia (jenem Teil im Landesinneren zwischen Bologna und Parma) und der Romagna (dem der Adria zugewandten Teil um Rimini bis zum Po-Delta). Die Emilia Romagna gilt als ein Nudelparadies. Nicht nur, dass Pietro Barilla bereits um 1900 herum in dieser Region mit seiner nunmehr weltbekannten Nudelfabrik begann. Nein, Tatsache ist hier, dass so gut wie jedes Lokal, das etwas auf sich hält, seine Pasta-Gerichte nach hauseigenen Rezepten anbietet, hausgemacht, versteht sich.
Auch der „König der Käsesorten“ ist hier zu Hause, der Parmigiano Reggiano, wie er offiziell nun nach Jahrzehnte langem Streit zwischen den beiden produzierenden Städten Parma und Reggio nel’Emilia heißt. Um einen einzigen Laib von 40 Kilo Parmesan herzustellen benötigt man rund 600 Liter (!) Milch. Produziert wird nur zwischen April und November aus Rohmilch, die über Nacht steht und in den Morgenstunden bis etwa 9 Uhr verarbeitet wird. Wer also einen Parmesan-Betrieb besichtigten möchte, muss früh aufstehen! Jungen Parmesan kann man schon nach etwa 18 Monate Reifung als Nachtisch essen, der bekanntere Reibkäse braucht schon etwa zwei Jahre Reifung und noch älterer Parmesan ist übrigens auch für Milchallergiker geeignet (unglaublich, aber wahr).
Neben dem bereits erwähnten Parmaschinken sei noch der „Culatello“ erwähnt. Nicht die ganze Schweinekeule wird hierfür verwendet, sondern nur das Herzstück, das aus weichem, zarten Muskelfleisch besteht. Diese Spezialität stammt aus dem kleinen Ort Zibello bei Modena und braucht gut 14 Monate zur Reifung.
Mit Modena erreichen wir den nächsten Punkt unserer kulinarischen Reise -
der „Aceto Balsamico“ hat dort seine Heimat.
Gleich vorweg: was hierzulande als „
Balsamico-Essig“
in den Supermärkten angeboten wird, hat bestenfalls Tropfen eines echten
Balsamicos gesehen. Denn der viele Stunden gekochte, eingedickte Weinmost
kommt zunächst in das erste von fünf kleinen Holzfässern, die aus Eichen-,
Kastanien-, Kirschen-, Eschen und Maulbeer-Holz sind (von 100 l absteigend
bis 15 l, jeweils drei Viertel gefüllt). Das Fass oben des winters und
sommers offen, so verdunstet stets ein Teil. Ein Teil des Inhalts des
jüngere Fasses wird zur Auffüllung des ebenfalls leerer gewordenen nächsten,
älteren Fasses verwendet. So vergehen Jahre der Reifung und der Umfüllung
und der Essig im letzten Fass wird dabei dickflüssig und süßlich. 12 Jahre
mindestens muss er lagern, bevor die Prüfungskommission des „
Consorzio Aceto Balsamico di Modena“ ihn zum Verkauf zulässt. 18 Jahre
nennt sich dann ein wahrer Balsamico - immerhin liegt der Verkaufspreis von
100 Milliliter bei rund € 70.-- ab Erzeuger. Und dann kennt das Alter nach
oben keine Grenze mehr. Ich probierte sogar schon 100jährigen Balsamico, der
allerdings nur mehr von Familienmitgliedern des Essigbauers verwendet wird -
zu wertvoll für den Verkauf!
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Bild
rechts: Zampello, Cotechino und Cappello da prete
Über den Balsamico ließe sich noch viel schreiben. Über seine Verwendung bei den Römern als Erfrischungsgetränk zusammen mit Wasser, über die Empfehlung von Hippokrates, ihn auf Wunden aufzulegen, über den Glauben im Mittelaltern, mit Balsamico der Pest Herr zu werden zu können und über die vielfältige Verwendung, wie zum Beispiel geträufelt über frische Erdbeeren. Aber zum Abschluss unseres kulinarischen Streifzugs durch einige Regionen Oberitaliens möchte ich noch das „Stiefkind“ Lambrusco ins rechte Licht rücken.
War der Lambrusco hierzulande als klebrig-süßes Getränk mit Kohlensäure bekannt, so muss man seine Ansichten über diesen Wein schnell korrigieren, wenn man in der Emilia Romagna einen guten, inländischen Tropfen davon kostet. Schon im Mittelalter war diese Rebsorte (genauso wie beim Prosecco wird auch der Lambrusco von einer gleichnamigen Traubensorte gekeltert) bekannt und beliebt. Heute wird diese Traube reinsortig, aber auch Sortenvermischt, in der Provinz Reggio zu weißen, roten und „rosato„ Lambrusco gekeltert. Der bei uns bekannteste Lambrusco ist der „Lambrusco di Sorbara“. Von Ausnahmen abgesehen muss man diesen Wein jung trinken, denn er verträgt keine lange Lagerung. Und wenn Sie dann zu jungem Parmesan, über den ein paar Tropfen Balsamico geträufelt wurden, noch ein Glas Lambrusco trinken, werden Sie sicher nicht so schnell wieder die Emilia Romagna verlassen!
Gegessen habe ich in der Emilia Romagna noch nie schlecht, denn sozusagen jedes Wirtshaus hat seine Qualitäten. Weshalb daher noch Einkehrstipps geben? Die „Antica Trattoria Al Vedel“ - alvedel.it - versteckt im Gemeindegebiet von Colorno, nördlich von Parma (..und dann noch ein Besuch in Brescello im Museum von „Don Camillo und Peppone“) sowie das Ristorante „USPA“ in Gorino del Po im äußersten Zipfel des Po-Deltas () - die veranstalten auch Bootsausflüge in das Mündungsgebiet - möchte ich trotzdem erwähnen! Was wäre sonst noch kurz zu erwähnen? Bologna - die Geburtsstadt der Mortadella, den Nusslikör „Nocino“ aus Vignola, wo es auch hervorragende Kirschen gibt, die jüdische Küche in Ferrara und die herrlichen Aale der „Valli di Comacchio“ in Adria-Nähe. Hier noch ein Tipp: die italienische Küche ist auch sehr stark von der jeweiligen Jahreszeit geprägt. So sollten Sie im April und Mai den frischen Spargel im Friaul und Veneto kosten oder im Oktober die Wildspezialitäten im östlichen Friaul und in der Romagna genießen. Frische steht ganz oben bei den Anforderungen der Köche an die Rohmaterialen.
Aber zwei Dinge brauchen Sie unbedingt, wenn Sie die wahren Geheimnisse der
italienischen Küche kennen lernen möchten: einen guten Restaurant-Führer
oder Tipps von Kennern, sowie - Zeit - zum Genießen und Verweilen!
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Trüffelrezepte: Uova al forno con tartufi - Eier mit Trüffel überbacken
Zutaten
ein Nuss großes Stück Butter, Eier, ein weißer Trüffel klein, Parmesan,
Pfeffer und Salz;
Zubereitung
Die Butter in einer ofenfesten Pfanne auf dem Herd erhitzen; vom Feuer
nehmen, die Eier hinein schlagen, Salz zufügen und mit einer dünnen Schicht
gehobeltem Trüffel, sowie geraspelten Parmesan bedecken; mit frischem
Pfeffer würzen, in den vorgeheizten Ofen geben und bei hoher Temperatur die
Eier mit dem Parmesan verschmelzen lassen.
Tartuffi con ova - Trüffel mit Ei (antikes Rezept)
Zutaten
ein Nuss großes Stück Butter, Eier, ein schwarzer Trüffel groß, Salz;
Zubereitung
Die Butter in einer Pfanne erhitzen, den gehobelten schwarzen Trüffel zu
Butter geben, die Eier hinein schlagen und verrühren; sobald die Eier
stocken, noch etwas vom gehobelten schwarzen Trüffel zufügen, wenige
Sekunden ziehen lassen, vom Herd nehmen und servieren
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