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Geschichtliche Notizen über Frauen im Cockpit und in der Kabine
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In diesem Beitrag beschäftige ich mich mit Frauen an Bord von Flugzeugen als Flugbegleiterinnen und Kapitäninnen.
Die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich (ETH) hat mehrere Hunderttausend Bilder aus der Geschichte der Schweiz,
insbesondere der Fluglinie Swissair und ihrer Vorläufer, digitalisiert. Diese sind fast alle frei verwendbar und ich habe
in meinem Reiseblog schon einige Bildergeschichten daraus veröffentlicht. Aber es gibt zu manchen Bilderserien auch Texte
beziehungsweise findet man im Internet die dazugehörenden Geschichten. Diese Sammlung der ETH ist die Grundlage dieses
Artikels.
Spötter behaupten, das Fliegen sei nur ein Vorwand, um sich ungestört lukullischen Genüssen hingeben zu können.
Tatsache ist, dass sich die Gesellschaften geradezu überbieten schreibt Klaus Hansen in seinem Buch "So geht es
bei der Luftfahrt zu", erschienen 1956 im deutschen Veralg Delius, Klasing & Co. Darin wird auch eine Menükarte
der SAS für die Pol-Route gezeigt. Diese war im Original auf eine dünne Stahlfolie gedruckt und zeigte ein
"Scandinavia-Greenland Supper", ein "Greenland-Canada Coninental Breakfast" und "Lunch" sowie ein "Canada-United States
of America Captains Dinner" - alle Menüs waren mehr- um nicht zu schreiben vielgängig. Es dürfte sich bei diesen Menüs
um die Verpflegung in der ersten Klasse gehandelt haben.
Klaus Hansen widmet sich in einem eigenen Kapitel mit dem Titel "Strumpfband" der damals noch sogenannten Stewardessen.
Darin räumt er mit der verklärten Werbung mancher Fluggesellschaften auf, weil "der Beruf einer Stewardess ist schwer,
jede Verniedlichung wäre eine Sünde wider die Tatsachen". United Airlines beschäftigte um 1956 rund 900
Stewardessen, von denen, wie man im Buch von Hansen lesen kann, 60 % blond, 36 % brünett und vier Prozent rothaarig
waren. Sie arbeiteten an Bord der Maschinen durchschnittlich 29 Monate, dann welchselten sie die Uniform der
Stewardess mit einem Brautkleid. In den 1950er-Jahren gab es auch noch "Flight-Bulletins", handgeschriebene
Informationen für die Passagiere, wo man sich gerade befindet, wie hoch geflogen wird und wie kalt es draußen ist.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Kehren wir zum Beruf der damaligen Stewardessen zurück. Heute werden sie Flugbegleiterinnen genannt. Der
erste Flugbegleiter war aber männlich und betreute die Passagiere 1912 an Bord eines Verkehrsluftschiffes, eines
Zeppelins. Die erste echte Stewardess an Bord eines Flugzeuges war dann Ellen Church, eine Krankenschwester und Pilotin.
Ellen Church, die erste Stewardess
1930 vertrat ein Betriebsleiter der Boeing Air Transport (der heutigen United Airlines) die Ansicht,
weibliche Flugbegleiter würden eine beruhigende Wirkung auf Passagiere ausüben. Damit könnte die Flugangst vor dem damals
immer noch als exotisch und neuartig empfundenen Verkehrsmittel Flugzeug verringert werden. In Folge begleitete dann
am 15. Mai 1930 die erste Stewardess weltweit die Passagiere einer dreimotorigen Boeing 80 A der Boeing Air Transport (BAT).
Es war die US-amerikanische Krankenschwester Ellen Church (* 1904, † 1965). Sie als erste weibliche Flugbegleiterin in
einer Boeing 80A der BAT von Oakland, San Francisco in das 1 600 Meilen (etwa 3 000 km) entfernte Chicago.
Bei einer Reisegeschwindigkeit von 125 Knoten (rund 230 km/h) und mit 13 Zwischenlandungen dauerte der Flug 20 Stunden.
Ihr Vorgesetzter, Steve Stimpson, Bezirksleiter der BAT in San Francisco, und sie prägten dann den Begriff
Stewardess. Church warb weitere sieben Krankenschwestern für diesen Beruf. Diese mussten registrierte
Krankenschwestern, ledig, jünger als 25 Jahre alt, nicht mehr als 52 kg wiegen und nicht größer als 1,63 m sein.
Neben der Betreuung der Passagiere mussten die Stewardessen das Gepäck an Bord bringen, lose Sitze festschrauben,
die Flugzeuge betanken und sogar den Piloten helfen, die Flugzeuge in den Hangar zu schieben. Aber sie erhielten
dafür eine sehr attraktive Bezahlung.
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Nelly Diener, die erste europäische Stewardess
Nelly Diener wurde zu Beginn des Jahres 1934 bei der Schweizer Fluggesellschaft Swissair die erste
Flugbegleiterin Europas.. Noch im selben Jahr wurde sie ein Opfer eines Flugzeugabsturzes. Im Archiv der Swissair
finden sich einige Bilder von dieser bemerkenswerten Frau.
Die Zeitschrift Aero-Revue glorifizierte sie als «blonde, lockige, langbewimperte Dame» zum «Engel der Lüfte».
Ihre Fluggäste verwöhnte sie mit selbst zubereiteten Speisen und Getränken. Die Verpflegung war in den Anfangsjahren
der Swissair nicht im Flugpreis inbegriffen; für eine Bordküche (Galley), wie sie heute üblich sind,
war in den damals noch sehr funktionell-einfach ausgestatteten Verkehrsflugzeuge noch zu wenig Platz. Passagieren,
die unter Flugangst litten, redete Nelly Diener beruhigend zu, mit vielen spielte sie Karten oder es wurde zur
Ablenkung von der Flugangst gestrickt, miteinander Lieder gesungen oder sogar gejodelt.
Nelly Diener erlangte als erste Flugbegleiterin Europas weit über die Landesgrenzen der Schweiz hinaus Bekanntheit.
Beim Absturz der 14-sitzigen Curtiss AT-32C Condor kam Nelly Diener bei ihrem 84. Flug am 27. Juli 1934
auf der Flugstrecke Zürich–Berlin bei Wurmlingen zusammen mit neun Passagieren und zwei weiteren Besatzungsmitgliedern
ums Leben.
Bordservice einst bei Swissair
In Zeiten, in denen Lufthansa auf europäischen Flügen keine gratis-Essen mehr serviert, ist vielleicht
ein Blick in die Vergangenheit ganz interessant: Von der Bordverpflegung aus dem "Zaine" zum Vorlege-Service in
der First-Class eines Jumbos. Bilder vom Bordservice der Swissair.
Am Anfang war der "Zaine"
Die Anfänge des Bordservice bei Swissair waren einfach. Stewardessen waren mit Thermosflaschen mit Tee
und Kaffee unter dem Arm zur Maschine unterwegs und in einem "Zaine", einem Verpflegungskorb, gab es bescheidenes
Essen. Zum Beispiel Suppe, Brot, Schokolade und Äpfel. Doch dieses Verpflegungsmanko wurde durch Freundlichkeit und
persönlichem Einsatz der Stewardessen ausgeglichen.
Bereits um 1935 gab es dann größere "Zaine" und an Bord wurde auf kleinen Tabletts das Essen serviert. Mitte der
1940er-Jahren wurde das Catering dann in kleinen Trolleys an Bord geliefert. Es begann das "moderne" Zeitalter
des Bordservice.
Mit der Inbetriebnahme der Boeing 747 in den 1970er-Jahren kam es zur Einführung der First-Class und einem
speziellen Catering für die Gäste. 1978 wurde auf dem braunen Langenthal-Geschirr resp. auf Kölsch-Tischtüchern
im zweiten Service auf der Route Zürich resp. Genève - New York Raclette serviert. Später gab es eigene
"First-Class-Galley-Kurse" für das Kabinenpersonal der Swissair mit Koch-Demonstration im
Swissair-Catering-Betrieb.
Die erste Frau als Swissair-Captain war Gabriela Maria Musy-Lüthy
Erst 1971 wurde in der Schweiz das Frauenstimmrecht auf Bundesebene eingefügt. Die Schweiz war also fest in Männerhand
bis Anfang der 1970er-Jahre. Aber rrst in den 1980er-Jahren kamen Frauen in das Flugzeugcockpit der Swissair,
das bis dato eine fast ausschliesslich männliche Domäne war. Die erste Linienpilotin in der Schweiz war Regula Eichenberger
1983 bei Crossair. Im Juni gleichen Jahres beschloss dann die Geschäftsleitung der Swissair
eine Detailstudie in Auftrag zu geben. Sie wollte eine Grundlage in Händen haben, um das weitere Vorgehen für die
Ausbildung der ersten Pilotenschülerinnen in der Schweizerischen Luftverkehrsschule (SLS) vorzubereiten.
1984 begann dann Gabriela Lüthi als erste Schülerin der SLS ihre Ausbildung zur Pilotin. Als erste Co-Pilotin der
Swissair flog sie ab 1987 in einem Linienflugzeug. Im September 1998 wurde Musy-Lüthi dann zur Kapitänin
befördert. Sie flog zusammen mit Co-Pilotin Claudia Wehrli 1999 den ersten Swissair-Flug als komplette
Frauenbesatzung. Beim Grounding der Swissair im Jahr 2001 war Gabriela Musy-Lüthi eine von
sechzehn Pilotinnen innerhalb der 1 100 Personen umfassenden Besatzung im Dienst der Fluggesellschaft.
In einer Reportage mit etwa 285 Fotografien aus dem Jahr 1985, die heute im digitalisierten Bildarchiv der ETH archiviert
ist, wird die Pilotinnen-Ausbildung von Gaby Musy-Lüthi mit ihrem Fluglehrer Hans Markwalder in der SLS dokumentiert.
Unmittelbar springt ins Auge, dass auf fast allen Bildern der Fluglehrer an Lüthis Seite steht, offenkundig mit
Erklärungen beschäftigt. Diese Bilder kann man
unter diesem Link anschauen.
Frau Frick war dann 1988 die erste Bordtechnikerin der Swissair im Cockpit einer Douglas DC-10.
Die Hamburger online-Zeitung "Zeit online" veröffentlichte am 18. Juni 2024 einen sehr guten Artikel zum Thema
Frau als Pilotin mit Familie unter dem Titel "Sie haben doch Mann und Kinder, wieso sind Sie so viel in der Luft?"
hier der Link zum Artikel.
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Weitere Bilder
Gaby Lüthi, erste Frau in Schweizerischer Luftverkehrsschule, 1985. Originalbildlink bei ETH |
Pressekonferenz mit der ersten weiblichen Swissair-Pilotin Gaby Musy-Lüthi in Zürich-Kloten 1998. Originalbildlink bei ETH |
Captain Olav Brunner und Copilotin Gaby Lüthi lassen sich vom Red Cap (Mitte) die Beladungsdaten zeigen. Jänner 1988. Originalbildlink bei ETH |
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Europas erste Hostess Nelly Diener in der Curtiss Condor, bei deren Absturz sie ums Leben kam, 1934. Originalbildlink bei ETH |
Europas erste Hostess Nelly Diener vor der Curtiss Condor, bei deren Absturz sie ums Leben kam, 1934. Originalbildlink bei ETH |
Europas erste Hostess Nelly Diener in der Curtiss Condor, bei deren Absturz sie ums Leben kam, 1934. Originalbildlink bei ETH |
1936: Hostessen mit Thermosflaschen und Verpflegungskorb beim Einstieg in die Douglas DC-2 115-B, HB-ITA in Dübendorf. Flugstrecke Zürich - Halle - Leipzig - Berlin; Originalbildlink bei ETH |