In die Franciacorta und an den Iseo-See, immer wieder...
Man fahre vom Gardasee in Richtung Mailand und nehme die Autobahnausfahrt Brescia Ovest, Brescia-West, und - lasse sich überraschen. Genau so, wie ich mich im Sommer 1996 überraschen ließ, als ich erstmals den Iseo-See und die Franciacorta besuchte. Denn beides findet sich nordwestlich von Brescia in der gleichnamigen Provinz der Lombardei.
Der letzte Tag meines Aufenthalts im Juni 2010 in der Provinz Brescia war angebrochen. Er führte mich in die Franciacorta und an den Iseo-See, bemerkenswerte Gebiete der Provinz. Motorradfans wird diese Gegend vielleicht ein Begriff sein wegen des „Franciacorta Autodromo“, einer 2,5 Kilometer langen Motorradstrecke die 2008 eröffnet wurde.
"Abbazie, castelli e vini spumanti" - Abteien, Schlösser und Schaumwein - das ist die Franciacorta
Die Franciacorta, ein etwa 20 x 20 km großes Gebiet, das sich zwischen Brescia, dem Iseo-See, seinem Abfluss, dem Oglio und der im Süden des Gebiets verlaufenden Autobahn erstreckt, ist für seine Schaumweine (spumanti) weltberühmt. Doch auch uralte Klöster und Schlösser verstecken sich in dieser leicht hügeligen Landschaft. Ebenso Spitzenhotels wie L’Albereta Resort (Internet www.albereta.it) oder ein 18/27-Loch-Golfplatz. Der Iseo-See hingegen stellt ein Bindeglied zwischen der flachen Pianura, der Po-Ebene, und den Alpen dar. Hier beginnen die Berge an Höhe zu gewinnen und erreichen in der Adamello-Gruppe, im Norden der Provinz, über 3 000 m ü. A.
Mein Tag beginnt im „Palazzo Torri“ in Nigoline di Corte Franca (www.palazzotorri.it) Genauer gesagt, vor dem in den Palazzo umgebenden Park führenden, geschlossenen Tor. Ich war etwas zu früh da. Was mir aber Gelegenheit zu einem kleinen Spaziergang auf der alten, aus Steinen angelegten und von Steinmauern umgebenen Straße gab, die am Grundstück entlang führte. Roter Mohn wuchs am Rande der gepflegten Rebstöcke, die sich den sanften Hängen hinaufzogen. Grillen zirpten und der Blick ging über die Franciacorta nach Süden. Dann öffnete sich das Tor und ich traf Antonio Pettolino, von Beruf Ehemann der Besitzerin und hervorragender Historiker. Stammbäume der Besitzer schienen ihm die wichtigste Angelegenheit im Zusammenhang mit seinen Erklärungen über das Schloss sein, dessen ältester Teil 1565 errichtet wurde. Die anschließende Führung durch die alten Wohn- und Schlafräume (die auch vermietet werden) war ein Eintauchen in Lebensstile des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Die größte Binnenseeinsel Europas
Vom „Palazzo Torri“ ging meine Fahrt nach Sulzano am Iseo-See, von wo aus ich in einem Boot um die mir bereits von früheren Reisen bekannte Monte Isola fuhr. Diese größte Binnenseeinsel Europas mit dem malerischen Fischerort Peschiera Maraglio liegt im südlichen Teil des Sees. Nur wenige Minuten brauchen Schiffe von Sulzano an der schmalsten Stelle des Sees am Festland, zur Insel. Heute waren die Häuser mit bunten Bändern und Fahnen geschmückt – die Alpini, die italienischen Gebirgsjäger, die als die älteste Gebirgsjägertruppe der Welt gilt, hatten hier ein regionales Treffen. Auf einer kleinen Insel südlich der Monte Isola kann man eine Villa der Familie Beretti sehen. Beretti gehört zu den vier weltweit führenden Herstellern von Schusswaffen. Das Unternehmen ist im Tal „Val Gardone del Trompia“ nördlich von Brescia beheimatet, das seit dem 16. Jahrhundert weltberühmt für seine Waffenherstellung ist.
Zum Mittagessen kehrte ich in die „Agriturismo Le Fontane“ in Sale Marasino ein, mit wunderbarem Blick auf den Iseo-See, weil etwas oberhalb des Seeufers gelegen (Internet www.agriturismo-lefontane.it). Von der Uferstraße schnaufte ich ein paar Hundert Meter vorbei an Olivenbäumen zu Fuß zum Wirtshaus den Hang hinauf, da unser Bus die Straße nicht nehmen konnte (wohl aber PKW). Aber es lohnte sich und hätte da nicht schon der nächste Termin gewartet, ich wäre noch länger geblieben.
Weinverkostung und Mönche
So ging es nach einem guten bodenständigen Essen weiter an die Weinstraße in der Franciacorta (Internet www.franciacorta.net). Bisher kannte ich nur die Weinkellerei Ricci Curbastro in Capriolo (Internet: www.riccicurbastro.it), die auch Übernachtungsmöglichkeiten anbietet. Heute fuhr ich zur Weinkellerei „Il Mosnel“ in Camignone (Internet: www.ilmosnel.com). Seit 1836 produziert dort Familie Barbolgio Wein, im Konkreten Schaumwein (Sekt). Heute sind es sechs verschiedene Sorten, die aus Reben von 40 Hektar Weinbaufläche hergestellt werden. Nach einem Rundgang durch den Keller und die Produktionsräume verkostete ich zwei Schaumweine auf einer gedeckten Veranda, von wo aus ich einen weiten Blick über die Weingärten hatte.
1080 erhielten die Mönche von Cluny den Ort nahe des heutigen Naturschutzgebiets Torbiere del Sebino, dem Torfgebiet von Sebino, vom ansässigen Besitzer geschenkt. Die Rede ist vom „Monastero di San Pietro in Lamosa“ bei Provaglio d’Iseo, meinem nächsten Ziel. Zwischen der Kirche mit einem Freskenzyklus aus dem 16. Jahrhundert und einer kleinen barocken Kapelle hat man einen schönen Blick auf das Naturschutzgebiet, das sich bis zum Südufer des Iseo-Sees erstreckt.
Mit diesem Besuch endete meine Rundfahrt in der Provinz Brescia, die mich vom Westufer des Gardasees über die Stadt Brescia zum Iseo-See und in die Franciacorta führte. Aber es gäbe noch viel in der Franciacorta zu entdecken: „La Santissima“, ein auf einem Hügel die Landschaft dominierendes Dominikanerkloster, das heute in Privatbesitz ist; die Wallfahrtskirche „Madonna della Rosa“; den „Magilo Averoldi“, einen Gesenkhammer aus dem Jahr 1080, Dokument der Wirtschaftskraft dieser Region oder die Abtei San Nicola, den bekanntesten religiösen Gebäudekomplex in der Franciacorta.