Über die Region Friaul-Julisch Venetien
Ich kenne diese Region seit Ende der 1980er-Jahre. Damaks war ich mit meinem "mosaik reiseservic" einer der ersten Reiseveranstalter, die Reisen - sogar kulinarische Reisen - ins Friaul angeboten hatten. "Was wollen Sie denn im Friaul? Da liegen ja nur Steine vom Erdbeben herum" hieß es damals. Heute, 40 Jahre später, ist es längst in Modegekommen, einmal schnell nur fürs Wochenende dorthin zu fahren. Zahlte ich anfangs in den Hotels im Friaul rund 40.000 Lire für Nächtigung mit Halbpension (umgerechnet rund 15 Euro ohne Index zu berücksichtigen), so zahlt man heute für das Übernachten mit Frühstück zwischen 45 und 60 Euro pro Person.
Der Begriff Friaul-Julisch Venetien geht auf jene Zeit zurück, in der das Kaiserreich Österreich große Teile Oberitaliens besetzt hielt. Man verstand darunter Teile der ehemaligen Republik Venedig, die heutige Region Friaul und Teile des angrenzenden Sloweniens.
Zur Einstimmung auf diese Region gibt es hier ein Video von 'Turismo Friuli Venezia Giulia' mit herrlichen Aufnahmen aus der Luft, weitere Videos aus dieser Region finden Sie auf YouTube
Wenig bekannt ist, dass es im Friaul Julisch-Venetien auch Kurorte gibt. Im Norden der Region, in Arta Terme bei Tolmezzo sprudeln schwefelhaltige Mineralquellen, die bei Arthritis, Bronchitis, Hautkrankheiten, Darm- und Leberleiden helfen.
Im Süden an der Adria, in Grado, hatte Mitte des 19. Jahrhunderts der florentinische Arzt Dr. Giuseppe Barellai die Heilkraft des Sandes entdeckt. Die Leute staunten nicht schlecht, als 1883 Kaiser Franz Joseph I. persönlich die große Kuranstalt eröffnete. Das stark salzhaltige Meerwasser und der jod-salzreiche Sand werden bei Rheumatismus, Ischias, Stoffwechselbeschwerden, Erkrankungen der oberen Luftwege und bei Frauenleiden als Kur empfohlen.
Im Kurhaus von Lignano sind dieselben Anwendungen wie in Grado möglich.
Die Landschaften im Friaul:
Im Norden erstreckt sich das Gebirge in Karnien. Diese uralte Landschaft wurde von den Kelten im 6. bis 4. Jahrhundert vor Chr. besiedelt, die aus dem Pariser Becken und aus Böhmen hierher zogen. Ursprünglich waren sie Hirten mit "starker Neigung", Vieh zu stehlen und gelegentlich auch Menschen. Der keltische Schwertgürtel hat bis heute in der venezianischen Tracht überlebt.
Im Nordosten befinden sich die Julischen Alpen, die vom Triestiner Kaufmann Dr. Julius Kugy (* 1858; † 1944) erschlossen wurden. Entlang des Plöckenpasses verlief 1915 bis 1917 die Front im Ersten Weltkrieg. Daran erinnert heute der Friedensweg, "Vie delle Pace", der von jungen Menschen aus 15 Nationen errichtet wurde.
Der Fogolar, die noch heute gebräuchliche offene Feuerstelle in der Mitte des Raumes mit oft Holzbänken rundherum, hat sich aus dem gebirgigen Friaul ins Flachland verbreitet. Im Rauchabzug wurden und werden Fleisch und Ricotta (Käse) geräuchert.
Auf die Gebirge folgt südlich die Tiefebene, die Pianura, die aufgrund von reichlich vorhandenem Grundwasser und Flüssen sehr fruchtbar ist. Wer durch das flache Land fährt, kommt durch wohlhabende Dörfer, vorbei an schönen Bungalow ähnlichen Häusern, meist umgebeben von einem großzügigem Garten, fährt durch endlose Maisfelder oder Obstgärten, durchzogen von Pappelhainen. Und im Osten gibt es viele Weinanbaugebiete.
Im Südosten der Region findet sich eine Karstlandschaft mit allen bekannten Karsterscheinungen: Karren, Dolinen, Höhlen (Grotta Gigante bei Triest mit dem größten Hohlraum der Welt: der Petersdom von Rom würde problemlos hinein passen) und unterirdischen Flüssen, wie jener Fluss, der auf slowenischer Seite in der Höhle von St. Kanzian verschwindet und dann in der Nähe von Monfalcone als Timavo/Timava wieder ans Tageslicht tritt - als wohl der zweikürzestes Fluss Italiens mit wenigen Hundert Metern.
Ganz im Süden, an der der Adria, gibt es Lagunen, die sich durch Flüsse und Gezeiten bildeten. Ihre Kennzeichen: flache Strände, weit verzweigte Kanalnetze im Schilf zwischen Inseln und Schlick: "Valli" - Täler - nennt man die Wasserwege in diesem Gewirr im Schilf, "Casoni" sind die (alten) Fischerhütten in den Lagunen, Schilf gedeckt; "Briccole" - das sind die in den Meeresgrund in Doppelreihe gerammten Pfähle, die die schiffbaren Kanäle für Boote markieren.
zum SeitenanfangFeste und Bräuche
Lagunen teilen sich in "Baccini" (Becken); sehenswert in der Lagune von Grado ist die Wallfahrtsinsel San Barbana, wohin am ersten Julisonntag eine Wallfahrt der Fischer und Bootsbesitzer alljährlich führt.
Diese Wallfahrt geht wohl auch auf die Kelten zurück, trotz christlichem Glaubens, der in dieser Region gepflegt wird. Feuerriten gibt es am 6. Jänner. Aus der Rauchrichtung folgert man Wahrsagungen über die Ernte im kommenden Jahr (Fruchtbarkeitszeugen). Zu Sonnwend gibt es Feuerräder zu Ehren von Schutzheiligen (z. B. San Giovanni, San Pietro). "Rogazioni" heißen die im Frühjahr üblichen Bittgänge über Flur und Felder.
In Erto e Casso im äußersten Nordwesten von Friaul Julisch-Veneten gibt es eine bemerkenswerte Karfreitagprozession. Dieser Ort war auch vom Unglück von Longarone betroffen.
Das älteste und kurioseste Fest im Friaul findet aber alljährlich in Sacile statt: die "Sagra dei Osei" - das Vogelhändler und -fängertreffen.
Im August wird in einem Ortsteil von Cormòns immer noch der Geburtstag von Kaiser Franz Joseph gefeiert.
In Muggia, südöstlich von Triest gibt es den "Carnevale Muggesano".
In Monrupino im Karst hält sich der Brauch der "Nozze Carsiche", die Hochzeitsfeier und deren Vorbereitung nach Brauch und Sitte der Karstbewohner.
In Cividale del Friuli findet am 6. Jänner die "Messa dello Spadone" statt, ein feierlicher Gottesdienst im Andenken an den Einzug des Patriarchen Marquard von Randeck in Cividale (um 1300 bis 1381).
Venzone feiert mit dem "Fuochi di San Pietro e Paolo" am 29. Juni ein Volksfest mit Feuerwerken. Das schönste Feuerwerk wird prämiert.
In Palmanova gibt es im Juli die "Sfilata storica", einen
historischen Umzug mit Wettbewerb der Fahnenschwinger und Eröffnung einer Schenke aus dem
17. Jahrhundert.
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