Rekordfahrten auf der Autobahn in Anif bei Salzburg

Im Raum Salzburg gab es in den 1950er- und 1960er-Jahren immer wieder Rekordfahrten. Diese fanden entweder auf der Moosstraße im Stadtgebiet statt, einer mehrere Kilometer langen, schnurgeraden Alleestraße oder auf dem damals wenig befahrenen Autobahnstück Walserberg-Salzburg Süd. Die Autobahn endete damals noch in Anif.

Geschwindigkeitsrekorde 1958
Geschwindigkeitsrekorde 1961
Geschwindigkeitsrekorde 1963
Geschwindigkeitsrekorde 1968

Geschwindigkeitsrekorde 1958

12. November 1958, Ernst Vogel pilotierte einen Porsche RS 1500 Spyder.

Im Archiv befinden sich die Original-Zeitnehmerprotokolle über einen Rekordversuch mit einem Porsche Spyder. Die Versuche fanden am 12. November 1958 auf dem Autobahnteilstück bei Salzburg zwischen der deutsch-österreichischen Grenze auf dem Walserberg und Anif-Grödig statt. Dieser Autobahnteil war damals so gut wie unbenützt, hat aber eine Gerade von mehreren Kilometern. Also ideal geeignet für Rekordfahrten. Soweit ich recherchieren konnte, war mein Vater stets bemüht, besondere Aktivitäten als Pressechef bei Porsche Austria zu setzen, damit die Automarke in den Medien immer wieder präsent war. Dazu diente auch dieser Rekordversuch.

Das Fahrzeug wurde von Ernst Vogel pilotiert, einem seinerzeit sehr bekannten österreichischen Rennfahrer, den ich noch selbst kennenlernte. Vogel fuhr auch bei mehreren Gaisbergrennen mit.

Leider konnte ich bisher nicht in Erfahrung bringen, ob die gefahrenen Zeiten tatsächlich Rekorde darstellten. Aber in jedem Fall ist es interessant, derartige Originaldokumente zu finden. Die Rekorde:

1 km mit stehendem Start:
Hinfahrt 26:40 Sekunden = 136,364 km/h
Rückfahrt 25:62 Sekunden = 140,516 km/h
Mittel 26:01 Sekunden = 138,409 km/h

12. November 1958. Longines Zeitmessgerät. 1 km mit fliegendem Start:
Hinfahrt 16:90 Sekunden = 213,018 km/h
Rückfahrt 16:11 Sekunden = 223,464 km/h
Mittel 16:50 Sekunden = 218,182 km/h

Für technisch Interessierte - Auf dem Protokoll der Zeitnehmer ist auch genau vermerkt, mit welchen Uhren der Rekordversuch gemessen wurde:

Die Zeitmessung wurde mit dem von der FIA und der FIM zugelassenen vollautomatischen Longines- Chronotypogines-Meßgerät, Type A 17, Nr. 411 Quarz Nr. 236771 mit Infra Lichtschranken und Handstoppung durchgeführt.

Der Chronotypogines arbeitet schreibend auf 1/100 Sekunden genau. Lt. Zeugnis der Sternwarte Neuchatel Nr. 110 vom 1. Juli 1957 wurden innerhalb 24 Stunden nur Zeitabweichungen von 7/1000 Sekunden festgestellt.

Geschwindigkeitsrekorde 1961

1961 fuhr Rudi Thalhammer bei Rekordversuchen auf dem Autobahnstück zwischen Glanegg und Grödig bei Salzburg mit einer Norton 500 cm³ folgende Zeiten:

* 1 km stehender Start: 25,65 sek = 140,349 km/h 122,12 km/h
* 1 Meile stehender Start: 37,10 sek = 156,160 km/h 147,21 km/h
* 1 km fliegender Start: 16,51 sek = 218,026 km/h 214,22 km/h
* 1 Meile fliegender Start: 26,49 sek = 218,707 km/h 214,30 km/h

Mit diesen Zeiten überbot Thalhammer alle seinerzeit in der Neunkirchner Allee zwischen Wiener Neustadt und Neunkirchen in Niederösterreich 1931 vom Münchner Weltrekordmann Ernst Henne mit einer 500-cm³-Kompressor-BMW erzielten Geschwindigkeitsrekorde. Diese Geschwindigkeiten stehen oben in Klammern.
Ebenfalls am selben Tag versuchte der aus Wörgl in Tirol stammende Franz Albert, Sportwagen-Staatsmeister 1961, die von Ernst Vogel 1958 aufgestellten Rekorde in Klammer angeführt einzustellen. Er fuhr dabei einen Porsche RSK mit einem 1700-cm³-Motor:

* 1 km stehender Start: 23,79 sek = 151,318 km/h 138,08 km/h
* 1 Meile stehender Start: 34,05 sek = 170,146 km/h 156,763 km/h
* 1 km fliegender Start: 14,99 sek = 240,158 km/h 218,182 km/h
* 1 Meile fliegender Start: 24,11 sek = 240,296 km/h 217,106 km/h

Albert war zweifacher österreichischer Sportwagen-Staatsmeister 1960 und 1961 und fuhr vorher Motorradrennen. So war er auch einmal ein Mitglied der KTM-Werksmannschaft vor 1960.

Rekordversuchsfahrten 1963

Manfred Magnus bei seinen Rekordversuchen 1963 auf der Salzburger Autobahn.

Bei Rekordversuchsfahrten 1963 auf der Autobahn Salzburg-Süd bei Grödig/Anif fuhr Manfred Magnus den fliegenden Kilometer auf einer Werks-Honda 250 cm³ in 16,42 Sekunden = 219 km/h, ein Rekord für die Klassen 125 cm³, 250 cm³ und 350 cm³, der noch heute gelten.

Bei Rekordfahrten am 8. November 1963 auf der Autobahn Salzburg-Süd in Anif fuhr Sepp Greger aus München mit einem Porsche RSK mit 255,567 km/h neuen nationalen Automobilrekord.

Auf dem Autobahnteilstück zwischen Niederalm und Fürstenbrunn hatte der SAMTC Rekordversuche für Motorräder ohne Beiwagen, Sportwagen und Rennwagen bis 1 100 cm³ veranstaltet.

Als Fahrer waren der bekannte Salzburger Motorradrennfahrer und Staatsmeister Manfred Magnus, der zwei Honda-Maschinen 125 und 250 cm³ an den Start brachte, der Europa-Bergmeisterschafts-Dritte Sepp Greger mit Porsche RSK und Staatsmeister Kurt Barry aus Wien mit seinem Cooper-Ford verpflichtet worden.

Bei durchwegs guten Witterungsbedingungen - es herrschte lediglich auf der Rückfahrt etwas stärkerer Gegenwind - gab es insgesamt 18 neue Klassenrekorde, wovon vier, und zwar die von Sepp Greger aufgestellten Rekorde, Verbesserungen der im Jahr 1961 von Franz Albert erzielten Rekorde waren.

Manfred Magnus fuhr auf einer Werks-Honda 250 cm³ des deutschen Motorradstaatsmeister Günther Beer mit 115,756 km/h über einen Kilometer stehender Start den ersten Rekord. Der fliegender Kilometer gelang Magnus mit 136,779 km/h. Kurt Barry kam mit seinem Formel-Juniorwagen bereits auf 140,516 km/h und Sepp Greger schraubte den bestehenden Rekord von Albert mit seinem Porsche RSK von 151,318 auf 153,519 km/h.

Absoluter Höhepunkt der Veranstaltung waren die Rekordfahrten über den Kilometer und die Meile mit fliegendem Start. Während Magnus mit der Achtellitermaschine infolge eines Motorschadens die Fahrten über die Meile nicht mehr absolvieren konnte, fixierte der 25jährige Salzburger mit der 250-cm³-Maschine zwei hervorragende Zeiten. Magnus durchraste den fliegenden Kilometer auf der Hinfahrt in 16,43, auf der Rückfahrt in 16,85 Sekunden, was einem Mittel von 216,348 km/h entspricht.

Damit hatte Magnus nicht nur einen neuen Rekord in der 250-, sondern auch in der 350-cm³-Klasse gefahren - er blieb damit nur mit 1,678 km/h unter der von Thalhammer 1961 aufgestellten Rekordmarke.

Den von Albert gehaltenen absoluten Geschwindigkeitsrekord von 240,296 km/h über einen Kilometer mit fliegendem Start unterbot Sepp Gregor mit 248,276 km/h um acht Kilometer. Bei seiner Fahrt über eine Meile erreichte er bei der Hinfahrt mit 22,69 Sekunden = 255,567 km/h die höchste bisher überhaupt in Österreich erzielte Geschwindigkeit. Auf der Rückfahrt betrug seine Zeit 23,45 Sekunden, was einem Mittel aus beiden Fahrten von 250,920 km/h entspricht. Damit war Alberts Rekord um mehr als 10 km/h verbessert worden.

Auch Rudi Thalhammer hätte an der Veranstaltung teilnehmen sollen, aber er kam nicht mehr rechtzeitig aus Casablanca zurück. Die neuen Rekordmarken

Sportwagen Greger bis 2000 cm³ und darüber
1 km, stehender Start: 23,45 Sek. = 153,529 km/h alter Rekord: 151,318 km/h
1 Meile, stehender Start: 33,02 Sek. = 175,420 km/h 170,146 km/h
1 km, fliegender Start: 14,50 Sek. = 248,276 km/h 240,158 km/h
1 Meile, fliegender Start: 23,07 Sek. = 250,920 km/h 240,296 km/h

Rennwagen Barry bis 1100 cm³
1 km, stehender Start: 25,62 Sek. = 140,516 km/h
1 Meile, stehender Start: 37,18 Sek. = 155,790 km/h
1 km, fliegender Start: 17,70 Sek. = 203,390 km/h
1 Meile, fliegender Start: 28,53 Sek. = 203,025 km/h

Motorräder Magnus bis 125 cm³
1 km, stehender Start: 31,10 Sek. =115,756 km/h
1 Meile, stehender Start: 21,71 Sek. = 165,823 km/h

Motorräder Magnus bis 250 cm³
1 km, stehender Start: 26,32 Sek. = 136,779 km/h
1 Meile, stehender Start: 27,26 Sek. = 155,458 km/h
1 km, fliegender Start: 16,64 Sek. = 216,348 km/h
1 Meile, fliegender Start: 26,97 Sek. = 214,768 km/h

Diese mit einer 250-cm³-Maschine gefahrenen Rekorde galten auch für die 350-cm³-Klasse.

Rekordfahrten 1968

1968. Karl Auer saß in zwei Sättel: auf einer 350-cm³-Aermacchi und einer 500 cm³ Matchless; hier sitzt er auf der Aermacchi;

Wiederum auf dem Autobahnteilstück bei Salzburg-Anif fanden folgende Rekordfahrten statt:

* Ing. Lippitsch fuhr mit einer Rotax 125 die fliegende Meile in 33,51 Sekunden, den fliegenden Kilometer in 20,27 Sekunden 178 km/h, womit der den bestehenden Rekord von Manfred Magnus von 1963 Honda 21,71 sek. verbesserte. Die stehende Meile: 40,68 sek., den stehenden Kilometer in 28,74 sek.
* Heinz Kriwanek mit einer 250-cm³ Suzuki, verkleidet, schaffte es aber nicht, den bestehenden Rekord von Manfred Magnus 215,76 km/h zu unterbieten. Kriwanek konnte aber nicht alle Fahrten durchführen, da er einen Kolbenreiber hatte.
* Karl Auer saß in zwei Sättel: auf einer 350-cm³-Aermacchi und einer 500er Matchless; aber er konnte auch den bestehenden Rekord von Rudi Thalhammer 1961: 206,8 km/h nicht brechen; noch schlechter erging es ihm mit der 350er Aermacchi, mit der er sogar langsamer war als Kriwanek mit seiner 250er.
* Hans Patleich, der legendäre "gewichtige" Motorjournalist, fuhr einen Mercedes 6,3 l über die fliegende Meile mit immerhin 223 km/h, den fliegenden Kilometer konnte er mit den 250-PS-Mercedes mit 222 km/h Schnitt zurücklegen.
* Paul Schwarz, der Salzburger Austro-V-Konstrukteur, probierte seine Flitzer aus: aber die Zeiten waren enttäuschend: stehender Kilometer in 28,69 sek - das schaffte etwa auch ein Porsche 911 S, am schnellsten fuhr er noch die fliegende Meile mit 177,9 km/h Schnitt.
* Sepp Greger, der Münchner Bergrennfahrer, oft auch beim Gaisbergrennen und beim Alpenbergpreis Berchtesgaden gewesen, pilotierte einen Porsche Carrera 6, der ungünstig übersetzt war. Greger konnte von seinen fünf Jahre alten Rekordzeiten, die er 1963 mit einem Porsche RS 1800 Spyder mit 185 PS fuhr, nur zwei auslöschen: stehender Kilometer: 23,17 sek. 155,37 km/h und stehende Meile in 32,65 sek. 177,4 km/h - die fliegende schaffte er nur in 250,41 km/h 1963: 250,92 km/h.