Die Geschichte der Motorradmarke KTM

v.l.n.r: Maria Hartmann (Tante von Ernst Kronreif), Erwin Lechner (mit Brille), Ernst Kronreif (beide Hallein), Hans Trunkenpolz sen. Mattighofen, Albert Brenter, Hallein, Edi Kranawetvogl, 
Paul Schwarz, Horst Pfeifer - mit den ersten KTM 100 mit 98 cm³ Rotax-Motoren

Bild rechts: KTM Mannschaft 1953: v.l.n.r: Maria Hartmann (Tante von Ernst Kronreif), Erwin Lechner (mit Brille), Ernst Kronreif (beide Hallein), Hans Trunkenpolz sen. Mattighofen, Albert Brenter, Hallein, Edi Kranawetvogl, Paul Schwarz, Horst Pfeifer - mit den ersten KTM 100 mit 98 cm³ Rotax-Motoren (Bild zum Vergrößern anklicken)

„Rutsch rüber“ sagte Ernst Kussin zu dem auf dem Tisch in der Wartehalle des Salzburger Hauptbahnhofes liegenden Ernst Kronreif sen. seinerzeit nach dem Krieg. Dieser wartete auf das einzige Verkehrsmittel, das in die Nähe von Hallein-Taxach fuhr, die „Rote Elektrische“. Ernst Kussin (...mehr im Salzburgwiki), der auch in Hallein wohnte, kannte „den Moser“ und dieser war wiederum mit Hans Trunkenpolz bekannt. Trunkenplotz und Moser hatten nämlich eine Firma mit dem Namen „KTM“ in Mattighofen. Ernst Kronreif wohnte bei seiner Tante beim Hohlwegwirt in Hallein-Taxach und bastelte an seinem Monoposto-Rennwagen "Salmuson", mit der er Skijörings fahren wollte.

Trunkenpolz wollte Motorräder bauen und hatte kein Geld, Kronreif hatte Ideen und - seine Tante das Geld. So kam es dann 1953 zur Gründung der Firma „KTM“ - "KTM-Motorfahrzeugbau KG, Kronreif & Trunkenpolz Mattighofen". Vorher bedeutete KTM "Kraftfahrzeuge, Trunkenpolz, Mattighofen".

... wie alles begann
....Hans Trunkenpolz stirbt unerwartet
... Motorsportliche Erfolge der Motorradmarke KTM
....die Modellpalette im Laufe der Jahre

Wie alles begann

Die Fahrrad-, Moped- und Motorradfirma "KTM" wurde 1934 in Mattighofen im Innviertel, Obersterreich, vom Innviertler Hans Trunkenpolz (* 17. Jänner 1909 in Altheim, Innviertel; † 10. Februar 1962 in Wien) am Marktplatz von Mattighofen als Schlosserwerkstätte gegründet. 1937 folgte der Verkauf von DKW-Motorrädern, 1938 der Automarke Opel. Im selben Jahr übersiedelte die Firma in ein neu errichtetes Gebäude am Mühlweg in Mattighofen.

Von 1940 bis 1943 war Trunkenpolz zur Deutschen Wehrmacht eingezogen und seine Frau Elisabeth führte den Betrieb. Zurückgekehrt hatte Trunkenpolz die Aufgabe in der Tasche, sich auf die Instandsetzung von Dieselmotoren für die Wehrmacht zu spezialisieren.

Nach Endes des Zweiten Weltkrieges 1945 beschäftigte KTM bereits 35 Personen, die überwiegend Lkw reparierten. So wurde das Unternehmen bis 1947 zur größten Werkstätte Oberösterreichs. 1948 wurden eine Gesenkschmiede und eine Gießerei eröffnet sowie die Serienfertigung von Kurbelwellen-Blei-Bronze-Lagern begonnen. Es war Arbeit für 70 Personen vorhanden.

Der Auftragsrückgang für Reparaturen 1950 ließ Trunkenpolz 1951/52 auf die Produktion des ersten Leichtmotorrades mit 98 cm³ umsteigen. 1952 begann die Idee des eigenen Motorrads Gestalt anzunehmen und ein Jahr später, am 15. März 1953 um 5 Uhr Früh wurden die ersten drei Motorrad-Prototypen mit einem 98-cm³-Sachs-Motor aus dem Gunskirchner (Oberösterreich) Rotax-Werk - die "Moser-KTM 100" zum Versand zur Wiener Frühjahrsmesse gebracht. Moser, weil Hans Trunkenpolz damals der "Co" der Firma Moser & Co war. Das Fahrzeug wog 61 kg und lief etwa 60 km/h Spitze, der Preis betrug öS 6.500.--. 20 Personen produzierte dann drei Stück davon täglich und konnten bis Ende 1952 die Produktion auf sechs Stück täglich steigern.

Im selben Jahr kam es zu mehreren Treffen mit dem Kaufmann Ernst Kronreif I. aus Hallein-Taxach, die über Ernst Kussin eingefädelt worden waren. 1954 wuchs die Belegschaft von KTM auf 80 Mitarbeiter, zusätzliche Fabrikationsrume in Mattighofen-Schalchen (dem heutigen Standort) wurden errichtet und man begann mit der Serienproduktion der "KTM Tourist 125 cm³". 1954 kam es zu einer Gesellschaftsvertragsänderung (Ernst Kronreif muss also bereits 1953 in die Firma eingestiegen sein). Kronreif trug das K des dann langjährig gültigen vollen Firmen-Wortlauts "KTM-Motorfahrzeugbau KG, Kronreif & Trunkenpolz Mattighofen" bei. Vorher bedeutete KTM "Kraftfahrzeuge, Trunkenpolz, Mattighofen".
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Die Tagesproduktion betrug 1955 etwa 20 Fahrzeuge und schon Anfang 1955 hatte das 1 000ste KTM-Tourist-Modell die Werkshallen verlassen. 1956 kamen dann die Modelle "KTM Grand Tourist" mit Schwingarm-Vorderradaufhängung, "KTM Tarzan" (eine Sportmaschine auf Grand-Tourist-Basis) und "KTM Mirabell", ein eleganter Roller mit 150 cm³ Motor, dazu.

Erste motorsportliche Erfolge

Es begann die Zeit der motorsportlichen Erfolge. 1957 gewann KTM erstmals die österreichische Straßenstaatsmeisterschaft der 125-cm³ Klasse mit einer 4-Takt-Rennmaschine, die bei 12 000 U/min 18 PS leistete. KTM gewann zum vierten Mal die die Geländesport-Staatsmeisterschaft in der Klasse bis 125 cm³. Bei der Sechstagefahrt in Garmisch-Partenkirchen, Bayern, holte sich KTM die Silbermedaille. Bei den Modellen kam die KTM Mecky, der erste Moped-Roller der Welt, neu auf den Markt. Er hatte 49 cm³
Hubraum und ein Dreiganggetriebe, das 2,1 PS leistete. 1958 folgten die KTM Trophy und KTM Mustang, die auch beim österreichischen Bundesheer eingesetzt wurde.

Doch die ersten Anzeichen eines Rückganges im Absatz bei Zweirädern machten sich dann 1959 bereits bemerkbar, 1960 erreichte die Zweiradkrise dann ihren Höhepunkt. Der Motorroller "Ponny I" kam auf den Markt. Alle Produktionsstätten in Mattighofen wurden nun zentral in Schalchen auf 1 400 m² Gebäudefläche zusammengeführt. Am 24. Mai des Jahres starb der rührige, am Vertriebssektor unermüdlich agierende Gesellschafter Ernst Kronreif I. und Karl Zizala übernahm seine Anteile. 1961 erreichte dann die Ponny-Roller Produktion 18 600 Stück, die zum Großteil an die Firma Gritzner & Kaiser in Deutschland geliefert wurden.
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Hans Trunkenpolz stirbt unerwartet

Völlig unerwartet starb dann Hans Trunkenpolz am 10. Februar 1962 an den Folgen eines Herzinfarkts.
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Sein Sohn Erich, der seit 1955 im Unternehmen tätig war, übernahm KTM und führte sie bis zu seinem Tod 1989. Das Unternehmen wurde in eine KG umgewandelt.

1962 wurde das neue "Ponny II" vorgestellt. 180 Mitarbeiter erwirtschafteten 48 Mill. Schilling Umsatz. 1963 verließ der 50-tausendste Roller und das zehntausendste Schweizer Mofa (seit 1960 wurde ein eigenes Modell für die Schweiz produziert). 220 Mitarbeiter und erstmals wird die 100-Millionen-Schilling-Grenze beim Umsatz überschritten. Die Serienproduktion des Sportmopeds "KTM Comet" lief dann 1964 an und man begann Fahrräder nach Amerika zu exportieren. Schon nach zwei Jahren seit Produktionsbeginn der "Comet" lief 1966 das 10 000ste Stück vom Band. Gleichzeitig begann man mit der Fahrradproduktion für den österreichischen Markt. Motorsportlich gewann KTM in Schweden bei der int. Sechstagefahrt drei Goldmedaillen.

1967 wurde in Mattighofen wieder kräftig investiert und eine 3 000 m² große Shedhalle wurde errichtet. Sie diente der Montage und dem Versand. Die Comet-Reihe wurde durch die neuen Modelle "Comet Super 4", "Comet Mustang" und ein 100 cm³ Exportmodell ergänzt. Schließlich lief 1968 die Produktion der "KTM Penton 125 Six Day", eine Geländesportmaschine für den Amerika-Markt, an. 1 000 Stück wurden in diesem Jahr davon hergestellt, weiters lief das 50 000stte Mofa vom Band und 300 Mitarbeiter setzten 150 Mill. S um.

1970 lag der Schwerpunkt im Ausbau der Entwicklungs- und Konstruktionsabteilung. Der KTM Sportmotor für vorerst 175 cm³ entstand, im April wurde der 250 cm³ Prototyp-Motor mit 33 PS vorgestellt und motorsportlich erringen KTM Motorräder beachtliche nationale und internationale Erfolge. Das 100 000ste Mofa und die 50 000ste Comet verließen dann 1972 die Produktionshallen in Mattighofen. Mittlerweile beschäftigte KTM bereits 400 Mitarbeiter bei einem Umsatz von über 325 Mill. Schilling. 1973 wurden wiederum neue Hallen errichtet und 1974 gewann KTM erstmals die 250-cm³
-Motocross-Weltmeisterschaft. Die Serienproduktion von "Hobby III" begann und man feierte das 200 000ste Fahrrad und den 100 000sten Roller, die vom Band liefen.

1980 wurde der Firmenwortlaut nochmals in "KTM Motor-Fahrzeug KG" geändert. Nach dem Tod von Erich Trunkenpolz, am 23. Dezember 1989 im 58. Lebensjahr (geboren am 25. Juli 1932 in Mattighofen), kam es 1991 zum Konkurs des Unternehmens. 1992 wurde das Unternehmen unter dem Sanierer Dipl.-Ing. Stefan Pierer neu strukturiert und ist heute (2022) der zweitgrößte Motorradhersteller Europas hinter BMW.


Quellen
* Motorrad-Literatur- und Bild-Archiv Prof. Dr. Helmut Krackowizer
* Chronik von KTM
* Hans Seper, Helmut Krackowizer, Alois Brusatti ''Österreichische Kraftfahrzeuge von Anbeginn bis heute'', 1982, Verlag Welsermühl, ISBN 385339-177-X (Verlag existiert nicht mehr
* "Die Auto-Österreicher - Wegbereiter der Mobilität", von Martin Pfundner, erschienen 2006 im A & W Verlag, Klosterneuburg, ISBN 3-200-00517-3