Die erste Rennmaschine von Helmut Krackowizer - eine englische Rudge

Das erste Motorrad von Helmut Krackowizer war eine NSU 250 OSL, die er zusammen mit seinem Bruder Otto besaß, der im Zweiten Weltkrieg bei Stalingrad in Russland fiel. Dann saß er im Sattel einer Norton "International" 500 cm³, The Unapproachable, Die Unerreichbare aufgrund ihrer Motorleistung genannt. Doch schließlich galt seine lebenslange Liebe der Motorradmarke, mit dessen Motorrad er seine ersten Rennerfolge feierte, der englischen Motorradmarke Rudge. Helmut Krackowizer 1943 auf der Insel Fehmarn mit seiner ersten Rudge

Mein Vater war schon von Kindheit an mit dem „Motorrad-Virus“ infiziert, obwohl seine eigentliche Motorradkarriere erst nach dem Zweiten Weltkrieg begann. Während des Zweiten Weltkriegs war er als Nachtjagd-Leitoffizier einer Luftnachrichten-Truppe zugeteilt. So kam er 1943 auf die Insel Fehmarn in der Ostsee und seine Aufgabe brachte viel Freizeit mit sich. Er, damals 21 Jahre jung, träumte schon seinen Traum, nach dem Krieg ein berühmter Rennfahrer zu werden. Bereits 1938/39 fuhr er oft mit seiner 500er Norton „International“ auf der einem schnellen Straßenstück zwischen Lambach und Wels Oberösterreich mit rund 130 km/h. Kaum ein Motorrad fuhr damals schneller als seine Norton. Bis er eines Tages auf dieser Strecke in die Auspuffrohre einer 500er Rudge „Ulster“ schauen musste: Trotz 150 km/h laut seinem Tacho blieb er hinter der Rudge.

Während er also auf der Insel Fehmarn stationiert war, dachte er über die Zeit nach dem Krieg nach. Seine Norton „Inter“ schien ihm nicht mehr genügend „up to date“ zu sein. Also, es musste etwas moderneres gefunden werden. So begann er schon während seiner Soldatenausbildung in Deutschland alle damals bekannten Rennfahrer abzuklappern und versuchte ihnen ihre „schnellen Eisen“ abzuschwatzen: Otto Daiker, Fritz Jerger, Paul Schaible, Erwin Aldinger und und und. Jedoch ohne Erfolg. Rudge 250 cm³ TT Replica von Helmut Krackowizer
Bis er auf der Insel Fehmarn 1943 eines Tages in einer alten Ausgabe der Zeitschrift „Motorrad“ eine Anzeige las: „Seltene Gelegenheit, 250 cm³ Rudge Rennmaschine, zweiventilig, hält 5-Stunden Weltrekord Brooklandsbahn, im März 1939 vom Werk importiert, garantiert über 150 km/h.... Meier, Bremen...“ Helmut war Feuer und Flamme für dieses Motorrad und schrieb sofort diesem Herrn Meier. Ja, so erhielt er Antwort, die Maschine sei noch nicht verkauft! Also fuhr Vater an einem freien Wochenende nach Bremen und das Gespräch über den Verkauf kam bald in Gang. An den genauen Kaufpreis konnte sich mein Vater nicht mehr erinnern, aber ich fand ihn in seinen Unterlagen ein Dokument, auf dem 2.100 deutsche Reichsmark stehen, wobei er in dieser Unterlage noch vermerkt: 1.1.1948 - öS 30.000.--, 1.7.1948 - öS 15.000.--. Helmut Krackowizer Rudge

Bei seinem nächsten Besuch in Bremen nahm er dann die Rudge mit auf die Insel Fehmarn zu seiner Einheit, wo er vom ebenfalls Motorrad-narrischen KFZ-Unteroffizier mit großem „Hallo“ empfangen wurde. Dann kam die Verlegung nach Breslau heute Polen, wo er die Rennmaschine nach einem letzten „try out“, sauber in Kisten verpackt, als Frachtgut in seine Heimatstadt Vöcklabruck, Oberösterreich, schickte. Während eines Heimaturlaubes entfernte er dann die Nockenwelle, die darauf laufenden Schlepphebel und Ventilstößel – verpackte diese Teile und brachte sie zu einem Förster an den etwa 20 Kilometer entfernten Attersee. Nur ein Jugendfreund, Fritz Hatschek, von ihm wusste, wo die Teile lagerten. Sollte er nicht mehr aus dem Krieg zurückkehren, sollte auch kein anderer mehr seine Freude an der Rudge haben! Helmut Krackowizer Rudge

Doch nach einem abenteuerlichen Kriegsende in Norwegen kehrte mein Vater schließlich über Bremerhaven und Passau wohlbehalten nach Vöcklabruck zurück.

Mit dem Fahrrad fuhr er wieder zum Förster, um die hinterlegten Teile zu holen. Und schon bald „... ballerte das Maschinchen, dass wir uns alle die Ohren zuhalten mussten“ O-Ton meines Vaters. Um nun wirklich eine wettbewerbsfähige Maschine zu haben, brauchte er allerdings noch eine neue Hinterradfederung. So eine kannte er noch aus der Vorkriegszeit von Josef „Peppi“ Illichmann aus Wien. Aber wie sollte er so eine Federung bekommen? Da erfuhr er, dass Illichmann während des Krieges seinen Betrieb nach Altmünster am Traunsee verlegt hatte. Das ist nicht weit von Vöcklabruck entfernt. Und nach ein paar weiteren „kleinen Problemen“ stand sie dann endlich fertig da: mit Illichmann-Federung, mit Rennbereifung, rennfertig.

Am 6. Oktober 1946 fuhr er damit auf den dritten Platz beim ersten Nachkriegs-Straßenrennen in Salzburg-Nonntal ... weiterlesen. 1949 verkaufte er diese Rudge an einen Deutschen. Dabei wurde er um einen Teil des Kaufbetrages betrogen. Aber so war es eben damals! Er hat seine zweiventilige Rudge 250 cm³ nie mehr wieder gesehen oder auch nur etwas von ihr gehört – sie ist bis heute verschollen geblieben! Allerdings gelang es ihm noch zu Lebzeiten eine Replica zu erwerben, die noch heute im Besitz unserer Familie ist.